Anja Sauer

Sauer macht Zukunft!

Gelingt der Ganztag? ...

die:gemeinde

 

Ab 2026 haben Grundschulkinder in Deutschland schrittweise Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Wie bereiten sich die Städte und Gemeinden auf diese Pflichtaufgabe vor? die:gemeinde hat bei Kommunen nachgefragt.

 

Ab dem Schuljahr 2026/27 gilt ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, beginnend mit den Erstklässlern. Bis 2029/30 soll er schrittweise auf alle Klassenstufen ausgeweitet werden. Für Kommunen bedeutet das eine große Herausforderung – vor allem in Sachen Personal und die Bereitstellung der Räumlichkeiten.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg hatte vor einem zu schnellen Inkrafttreten des Anspruchs gewarnt und eine bessere Finanzierung angemahnt. Inzwischen haben Bund und Land Investitionsmittel zugesagt, darunter 861 Millionen Euro vom Land. Dennoch bleiben vor Ort Unsicherheiten – vor allem wegen laufender Betriebskosten, Personalmangel und komplexer Förderbedingungen. Zudem überfordert der Eigenanteil bei Investitionen viele Kommunen. 

Trotz dieser Bedenken hält die Politik am Zeitplan fest. Bundesfamilienministerin Karin Prien kündigte im Mai eine Verlängerung des Investitionsprogramms „Ganztagsausbau“ bis 2029 an, um mehr Planungssicherheit zu schaffen. Ziel sei es, mehr Betreuungsplätze, bessere Qualität und mehr Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen. 

In Baden-Württemberg hat das Kultusministerium zudem ein neues Leitbild Ganztag veröffentlicht. Es soll als Orientierungsrahmen für Schulen, Träger und Kommunen dienen und betont die ganzheitliche Förderung der Kinder, lässt allerdings die Finanzierung gänzlich unbeleuchtet. Klar ist: Ab 2026 drohen rechtliche Konsequenzen, wenn Kommunen dem Anspruch nicht gerecht werden. Wobei sich der Rechtsanspruch gegen die Stadt- und Landkreise als Träger der Kinder- und Jugendhilfe richtet.

Die Vorbereitungen laufen in den meisten Gemeinden daher auch bereits. Drei Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben uns berichtet, wie sie den Ganztagsanspruch angehen. Dabei zeigt sich: Die Umsetzung des Rechtsanspruchs erfordert bestimmte Rahmenbedingungen und bedeutet eine enorme Kraftanstrengung für die Kommunen.

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Römerstein: Warten auf den Schulneubau

„Eine familienfreundliche Bildungsinfrastruktur gehört für mich zur Basis eines funktionierenden Gemeinwesens“, sagt Anja Sauer, die Bürgermeisterin der Gemeinde Römerstein im Landkreis Reutlingen mit 4.350 Einwohnerinnen und Einwohnern. Sie betont aber zugleich, wenn der Staat einen einklagbaren Rechtsanspruch schaffe, muss er ihn auch mitfinanzieren.

Derzeit ist die Betreuung von Grundschulkindern in Römerstein noch auf zwei Grundschulstandorte verteilt. Die Organisation erfolgt zweigleisig: Ein Förderverein übernimmt die sogenannte Kernzeitbetreuung, die die Betreuung am Vormittag vor und nach dem Unterricht abdeckt. Ergänzt wird dieses Angebot durch eine kommunale Betreuung, die Mittagessen sowie eine Hausaufgabenhilfe umfasst und mit gemeindeeigenem Personal organisiert wird.

Eine Ganztagsbetreuung kann jedoch laut Sauer in den jetzigen Schulstandorten nicht zufriedenstellend stattfinden. Die räumlichen Bedingungen seien dafür nicht ausreichend: „Die Betreuung in einem unserer Teilorte passiert derzeit in einem einzigen Klassenzimmer – dort wird gegessen und gespielt. Das entspricht längst nicht mehr heutigen Standards“, so die Bürgermeisterin. Generell fehle es wegen des baulichen Zustands der Grundschulgebäude an „elementaren Voraussetzungen“ für eine rechtssichere Umsetzung des Ganztags.

Die Gemeinde arbeitet jedoch bereits an einem Zukunftsprojekt: der Neubau einer neuen zweizügigen Grundschule. Diese soll dann auch die Grundlage für ein flexibles Ganztagsangebot bieten. Eine Machbarkeitsstudie liegt vor, als künftiger Standort ist der Teilort Böhringen im Gutachten genannt – dort befindet sich bereits die Gemeinschaftsschule, mit der sich pädagogische und organisatorische Synergien ergeben.

Der Zeitplan ist jedoch langfristig: Mit dem Einzug in den Neubau rechnet Bürgermeisterin Sauer frühestens bis 2028. „Wir bauen nicht nur ein neues Gebäude, wir schaffen eine moderne Struktur, die auf die Bedarfe unserer Gemeinde zugeschnitten ist“, sagt Sauer. Für die Realisierung des Schulbaus erwarte die Gemeinde Förderzusagen. „Wir kämpfen ja schon darum, unsere Kernhaushalte zu finanzieren“, unterstreicht sie. Daher sei es aus ihrer Sicht völlig unrealistisch, zusätzlich noch Ganztagsstrukturen aus eigener Kraft zu stemmen.

Dabei hat eine Elternumfrage in Römerstein bereits vor zwei Jahren gezeigt: Der Bedarf an Ganztagsbetreuung wächst – allerdings nicht flächendeckend. Aktuell nutzen rund 25 Prozent der Kinder in Römerstein das bestehende Betreuungsangebot. Langfristig rechnet die Gemeinde mit etwa 60 Prozent.

 

Quelle:

https://www.diegemeinde.de/gelingt-der-ganztag